In Anerkennung an einem Freund
Von Earl Hamner

Es steht wieder vor der Tür! Weihnachten! Hier in Süd Kalifornien wissen wir, dass es kommt denn die Bäume färben sich in allen möglichen Rot- und Brauntönen mit grünen Sprenkeln usw. In den kalifornischen Wäldern liegt sogar schon Schnee. Am Wochenende kann man manchmal noch den Schnee auf den Dächern der Geländewagen liegen sehen, die von den höher gelegenen Bergen kommen aber meist ist er schon geschmolzen.

Die Gesichter der Halloween-Laternen-Kürbisse machen nun den Weihnachtsbäumen und -beleuchtungen Platz. Man hat das Gefühl, dass das Lied von Rudolf dem rotnasigen Rentier bereits seit Juli im Radio rauf und runter läuft. Aber nun singen auch wir in unseren Autos die altbekannten Weihnachtslieder.

Wir verlassen unsere Arbeitsplätze früher, weil wir zum Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein möchten. Meine Familie und ich leben an einer Dorfstraße und der Koyote, der normalerweise immer erst nach dem Abendessen herumstreift, sucht nun schon am Nachmittag nach Futter. So mancher Hund spürt seine Nähe und verfällt in hysterisches Gebell.

Meine Freunde kennen mich und vergeben mir, dass ich wie immer in der Weihnachtszeit so sentimental werde. Meine Frau Jane verzeiht mir, wenn ich mitten in der Nacht meinen alten Bademantel überziehe, mir ein Heineken aus dem Kühlschrank nehme und in mein Büro gehe. Der Bademantel ist lang, braun und aus einem zwischenzeitlich sehr verwaschenen doch unwahrscheinlich wärmenden Material. Er ist sehr alt und wurde mit der Zeit auch immer länger, so dass er mittlerweile über dem Boden schleift und ich manchmal mit dem Hausschuh auf den Saum trete. Jane bat mich, ihn endlich wegzuwerfen, doch ich bringe es nicht über mich und benutze ihn jeden Abend, wenn ich das Bedürfnis habe zu schreiben.

Heute möchte ich über einen ganz besonderen Menschen in meinem Leben schreiben. In den nunmehr 50 Jahren, die ich im Unterhaltungsgeschäft tätig bin, habe ich viele Menschen kennen gelernt und mit vielen zusammen gearbeitet. Einige von ihnen sind rund um die Welt bekannt. Andere dachten, sie haben Talent, doch sie wurden niemals berühmt und glücklich im Filmgeschäft. Doch so oder so, ich bin stolz darauf, mit allen zusammengearbeitet zu haben und die meisten sind noch heute Freunde von mir.

Schauspieler sind eine ganz besondere Sorte Mensch. Ich schrieb einmal einen Nachruf für einen bekannten Schauspieler. Ich wollte eine Anerkennung für alle Schauspieler schreiben und so schrieb ich unter anderem, dass Schauspieler ohne Applaus sterben und erst wirklich zum Leben erwachen, wenn die Kamera an ist oder um 20:30 Uhr der Vorhang am Broadway sich öffnet.


Es gibt einen Schauspieler, der einen besonderen Platz in meinem Herzen hat. Will Geer wurde in Indiana, einem Bundesstaat der USA geboren und ging hinaus, um auf Provinzbühnen ebenso wie auf dem Broadway zu spielen und ihm wurde eine große Karriere bei Film und Fernsehen vorausgesagt. Doch dann wurde ihm seine politische Meinung zum Hindernis und sein Name befand sich auf einer "Schwarzen Liste", so dass er nirgendwo mehr als Schauspieler angeommen wurde. Er hielt sich und seine Familie als Gärtner über Wasser aber nachdem die politischen Verhältnisse in den USA sich entspannten, konnte er seine Karriere als Schauspieler wieder fortsetzen.

Will tat der Rolle des Großvaters Walton seinen Stempel auf. Er spiegelte weniger den Sam Walton sondern war einfach er selbst und somit brachte er Humor, Tiefe, Einfühlungsvermögen, Würde und eine Glaubwürdigkeit in die Rolle, die die gesamte Produktion positiv bereichert hat.

Will und ich wurden gute Freunde und ich erinnere mich an eine Situation, als ich in meine Heimat Virginia kam um dort am sogenannten Earl Hamner Tag geehrt zu werden. Ich sollte erwähnen, dass damals über die Serie eher negativ gesprochen wurde, die Serie wäre kitschig, hieß es.

Die Feier fand auf dem Football Feld der Nelson High School statt. Meine gesamte Familie war zugegen. Damals lebte meine Mutter noch und alle meine Geschwister. Alle waren dort. Es gab Reden, eine Parade und Geschenke (mir wurde damals unter anderem ein Schlüssel zum Gefängnis von Nelson County geschenkt!). Sogar ein Fallschirmspringer landete auf dem Football Feld und alles war wundervoll.

Dann kam ein staubiger alter Bus ins Stadion gefahren und stoppte direkt vor dem Rednerpult. Will stieg aus und ein Trupp Schauspieler. Er war die ganze Nacht von Alabama, wo er damals eine Rolle hatte, gefahren. Er trug einen Korb voll Kornähren bei sich, die er von einem Feld entlang der Straße geklaut hatte. Er kam zu mir ans Rednerpult und schenkte mir den Korb und sagte mir, dass es noch immer mehr Korn in unserem Land gab als Beton.

Überall, wo Will war, legte er einen Garten an und es dauerte nicht lange, da gab es auch einen Garten am Drehort der Waltons. Und selbst dort, an diesem unwirtlichen Platz, gelang es Will, Zwiebeln, Erbsen, Kürbis und Tomaten zu ziehen. Und es wäre nicht Will gewesen, wenn er nicht die jüngeren Schauspieler (die Waltons Kinder) in die Geheimnisse der Gärtnerei eingeführt hätte und ihnen den sorgsamen Umgang mit den Keimlingen auf ihrem Weg zum Pflänzchen gezeigt hätte.

Manchmal war er sosehr er selbst, dass er in spontane Gesänge verfiel ohne daran zu denken, dass für gespielt oder gesungene Lieder in Filmen bezahlt werden muss (eine Art GEMA in den USA - Anmerkung von Silke). So wurden wir öfters mit Wills unabgesprochenen Serenaden bedacht.

Es gab auch diese Szenen beim Abendessen, wenn er das Gebet sprechen sollte. Die Kamera lief, die Schauspieler warteten auf ihre Einsätze, die nie kamen, der Regisseur raufte sich die Haare und Will, ja Will rückte derweil völlig vom vorgegebenen Text ab, improvisierte und verlängerte seinen Einsatz bis er Franklin Roosevelt, Eleanor Roosevelt, Frances Perkins, Freunde und Nachbarn bedachte und Gott höchstselbst für das Essen und die gute Kameradschaft, die wir miteinander hatten dankte.

Mit diesen Erinnerung und der großen Liebe zu meinem Freund schreibe ich diese Worte, von denen ich weiß, dass Will sie in einem solchen Moment gesagt hätte.

Großvater Waltons Weihnachts Gebet

Was ist Weihnachten? Es ist die Zeit, wenn manche deiner Träume sich erfüllen. Jedes Jahr kommt es und dennoch überrascht es dich immer aufs Neue und wenn du annähernd 100 Jahre alt wirst, so wie ich. Du denkst, "Es kann doch nicht schon wieder Weihnachten sein", aber so ist es und mit all den Hoffnungen und dem Spaß und den Versprechungen, dass Wünsche wahr werden können.

Vielleicht fragst du dich, was ich mir wünsche. Was kann sich ein alter Mann schon wünschen. Vielleicht denkst du, ich würde mir wünschen, wieder jung zu sein. Aber ich möchte nicht wieder von vorne anfangen. Jung sein ist auch schmerzvoll. Jung und verliebt zu sein, wie die meisten jungen Menschen sind, kann sehr schmerzhaft sein. Ich werde die sagen, was ich mir wünsche. Ich wünschte mir, ich könnte die Kraft der Liebe, die mir gegeben wurde, wiederholen. Ich wünsche mir, dass die Zeit und die Momente dieser Liebe in Erinnerung bleiben, wie das Herz, dass ich in einen Baum um die Initialen von Großmutter und mir geschnitzt habe. Auch wünsche ich mir ein längeres Leben.

Ich wünsche mir Zeit, Zeit um den Kindern zu helfen, die Schönheit der Erde zu zeigen. Ein Wassertropfen ist ein Wunder. Eine Handvoll Erde ist ein Königreich für sich. Eine Wolke ist es wert, angesehen zu werden, während sie am Horizont vorbei zieht. Ein Vogel, der sein Nest baut, ist etwas Wunderbares, ebenso wie die Menschen, die Pyramiden gebaut haben. Und alles, was auf der Erde grünt ist ein Beweis, dass Gott existiert. Das alles wird einem klar, wenn Weihnachten naht.

Es ist eine zarte, weiche Zeit. Wir geben acht und öffnen unsere Herzen für die Liebe. Wir machen uns Geschenke, doch was diese in Wirklichkeit sagen sollen ist: "Ich liebe Dich!". Es gibt Menschen, die diese Worte ausgesprochen oder gehört unangenehm sind. Vielleicht haben sie nie das Geheimnis eines gebenden Herzens kennen gelernt. Es gibt mehr "Nehmer" als "Geber" in dieser Welt. Traurigerweise gibt es Menschen, Gebiete und sogar Länder, die ihre Zeit damit verbringen, nach allem, was die Erde uns bietet wie die Schweine nach Eicheln im Herbst zu wühlen, ohne Rücksicht auf Verluste.

Aber unser Land ist ein Land mit einem gebenden Herz und ich bete dafür, dass das immer so bleibt. Es ist ein gutes Land und es ist ein Teil unserer Stärke, etwas, das wir von unseren Pionieren geerbt haben und was wir mit unseren Nachkommen teilen können, die das Glück verlassen hat und die von Schicksalsschlägen getroffen werden, sei es durch den Verlust ihres Heims oder ihres Jobs oder ihrer Hoffnung.


Wir sind eine Familie mit gebendem Herz. Ihr Kinder mögt euch zanken und streiten, aber ihr wurdet gelehrt zu lieben und zu geben und das ist das größte Geschenk, das eure Eltern euch machen konnten. So geht und habt Spaß an der Weihnachtszeit. Seid fröhlich, wie es in den Weihnachtsliedern besungen wird. Feiert mit Lametta und Glitter und Funkeln und Glitzern und singt die alten Lieder aus Spaß und um die Erinnerungen an damals zurück zu holen. Aber um das wirkliche Weihnachten, um die selige Zeit zu spüren, musst du in dein Herz schauen und dort findest du all die geheimen Schätze, die dort auf dich warten.

Einen Wunsch habe ich jedes Jahr. Ich habe es nie gesagt, aber jetzt erzähle ich es euch. Ich wünsche mir die Jahreszeiten wiederkehren, denn da ist der Frühling, der Sommer und der Herbst. Und ich wünsche mir die Weihnachtszeit, dass sie wiederkehrt und dass wir alle im nächsten Jahr uns wieder hören… zusammen, sicher, warm und geliebt wie in diesem Moment.

Fröhliche Weihnachten alle zusammen!!!


7. Dezember 2009 - Übersetztung: Silke - Mit freundlicher Genehmigung von Earl Hamner - Quelle: http://www.earlhamner.blogspot.com